05/12/06
Escapé | Neu Wulmstorf | Doppelkonzert mit Zwei Felle für ein und das fiese Monster
Ein Konzertbericht von Lennart
Hamburg Hbf.: Nach einer halbwegs planmäßigen Zugfahrt in überfüllten Nahverkehrsmitteln steigen Spieltrieb aus dem Metronom (Privatbahn). Wohlwissend dass wir Verspätung haben hetzen wir in Richtung Infopoint um unseren Anschluss nach Neu Wulmstorf zu ermitteln. Am Schlater Bekannte aus Oldenburg und die Info, dass wir noch 2 Minuten bis zur Abfahrt haben. Sprinten, treppab gerannt und die erste S-Bahn fährt uns vor der Nase weg. OK, nächste kommt sofort. Ohne Ticket hüpfen wir in den Wagen und diskutieren während der Fahrt übers Schwarzfahren. Beschluss: 2 Stimmen dagegen, keine Enthaltung. An der nächsten Station steigen wir wieder aus und werden rechtschaffene Bürger.
Als wir dann etwa 20 Minuten später zum zweiten Mal an diesem Hamburg-Harburg passieren stellen wir fest, dass unsere Verbindung eigentlich vorsah, dass wir da umstiegen. Tja, wer aufmerksam ist, ist klar im Vorteil.
Eine dreiviertel Stunde später als geplant erreichen wir Neu Wulmstorf und finden das Escapé auf Anhieb. Kein Wunder, ist jauch wirklich nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt; genauer gesagt war womöglich mal das jetzt privatisierte Bahnhofsgebäude.
Souverän und selbstbewusst durchqueren wir den vorderen Gastraum, in dem heute der ganz normale Kneipenbetrieb mit Bier für einen Euro stattfinden soll und erreichen den hinteren Raum in dem coole und lässige Sofas vor der Bühne aufgebaut sind. Die Felle sind irgendwie gerade nicht da. Aber der gesamte Bühnenaufbau ist längst erledigt.
Ein paar Minuten später sind wir bereits gastronomisch versorgt. Die Felle erscheinen und vor den leckeren Fladenbrotsandwiches wird flugs ein Soundcheck eingelegt. Dabei stellen wir fest, dass die vorhandenen Beyerdynamic-Mikrofone nach Telefon klingen sobald man seinen Mund mehr als 5 Zentimeter von der Kapsel wegbewegt. Beyerdynamic sucks, irgendwie. Gut, dass wir schon wissen, dass uns am nächsten Tag wieder das gute alte SM58 erwartet.
Erwarten, das Wort muss ich jetzt mal als Stichwort für eine miserable Überleitung missbrauchen. Unsere Erwartungshaltung für den Abend hat einen ersten Tiefpunkt erreicht als wir festgestellt haben, das Neu Wulmstorf (20.000 Seelen) an diesem Wochenende Vossy-Schau feiert. Das ist offensichtlich eine Mischung aus Volksfest und Kirmes. Da die Werbung im Vorfeld ohnehin schlecht gelaufen ist (keine Plakate, keine Flyer, keine Presse) ziehen wir gemeinsam mit den Fellen los, um beim Rummel-Dorffest-Wasauchimmer ein paar Leute zu suchen, die wir gezielt mit Flyern bestücken und dem Event abwerben können. Die Vossy-Klientel war aber irgendwie nicht so die unsere und so hat die Flyer-Überredungsaktion nur so fünf Leute eingebracht.
Wir haben also gewettet, wie vielen Leuten wir heute etwas vormachen dürfen:
- Philipp: maximal 10 in der Hoffnung die Wette zu verlieren,
- Lennart: 10-15 (auch hoffend)
- Pons: mehr als 15 (Optimist!)
Zurück im Escapé wird es Zeit anzufangen. Schnell noch ne Kippe und rauf auf die Bühne. Vor uns liegen anderthalb Stunden Klampfenpopshow. Nach einigen Startschwierigkeiten und dezenten Stimmungsproblemen (bei den Gitarren) spielen wir zunehmend souveräner. Der Saal füllt sich auch immer mehr. Irgendwann hatten wir bestimmt 30 Gäste da, was natürlich auch unsere Stimmung hob. Der Raum hätte zwar locker das Doppelte vertragen, ohne dass es besonders drängelig geworden wäre, aber unsere Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Pons hatte die Wette gewonnen.
Nach unserem Set (das zugegebenermaßen etwas länger als geplant gedauert hat) durften wir noch eine Zugabe geben. Im Publikum forderte jemand Und zu hören und diesem Wunsch sind wir gerne nachgekommen.
Kurze Pause und die Felle sind am Drücker (wenn man ein Mikro so bezeichnen möchte). Mit Police-Academy-Sound rockten sie los und gaben deutlich zu verstehen, dass die Muckerpolizei jetzt nach Hause gehen dürfe. Nacheinander gaben sie Lebensweisheiten zum Besten. Zunächst von pubertären Liebesdingen (Mädchen sind doof!, Mein bester Freund, ... ) ging es mit einer sehr eleganten Überleitung, dazu gleich mehr, in den Bereich der relevanten Gesellschaftskritik: "Wir sind alle doch nur Kickerfiguren. Die da oben ham uns in der Hand. Die könn'n uns lenken, weil wir nicht selber denken. Wir leisten keinen Widerstand."
Aber zurück zur Überleitung: Große Gesellschaftskritik gepaart mit dem Thema Frauen beinhaltete ein Lied übers Furzen. Jetzt endlich weiß ich, dass man nicht faxen soll, wenn Damen anwesend sind. Dass man aber, wenn man unter Männern furzt, erst Recht wenn der noch der derbe stinkt, lauthals RESPEKT zollt. Respekt, Felle! Der Song ist echt ein neuer Lacherkracher. Wir haben uns gekringelt.
Schließlich spannen die Felle den Bogen zu den Saufliedern. Eine spontane bierglaszerstampfende 5-Mann-Polonaise zieht vor die Bühne. Die ersten Leute tanzen. Es ist kurz nach Mitternacht und die Stimmung auf dem Höhepunkt. Nach ein paar Zugaben der Felle intonieren wir zu fünft als krönenden Abschluss Rüdis "Trink mit mir".
Nach ein paar Absackern im Escapé siedeln Spieltrieb und Marius zu dessen Eltern über, um die nächsten Absacker auf deren Terrasse zu sich zu nehmen.
Die Sonne geht auf, es wird immer heller. Wir gehen eher langsam unter und klappen uns schließlich in die Betten.