02/03/07

Café Kreuzberg | Göttingen | 7. Nichtbeschissenens Liedermaching-Festival

Bericht von Lennart


Wenn mir jemand auferlegte, dass ich nur noch ein Fest im Jahr feiern dürfte, dann wäre das weder mein Geburtstag noch Weihnachten sondern das Göttinger Liedermaching-Festival. Denn nirgends ist es angenehmer zu feiern. So viele nette Menschen auf einem Haufen, das ist einfach mal der Wahnsinn.

Den Samstag, den ich an dieser Stelle bereit bin etwas genauer zu schildern, begann ich auf dem Boden liegend. Sechs Stunden Schlaf lagen hinter mir, und langsam regten sich die ersten Lebensgeister. Ich hatte Hunger und wollte Kaffee haben. Frühstück von 14.00 bis 16.00 Uhr, so stand es auf der "Klausordnung", die Klaus, der Chef des Kreuzbergs, uns allen ausgeteilt hatte. Im Grunde ja eine absolut musikerfreundliche Idee, dumm nur, wenn die entsprechenden Gelüste zwei Stunden früher auftauchen.

Ich zog mir also ein paar Klamotten an und verließ das Kreuzberg auf der Suche nach etwas zu essen. Ich schlenderte durch die Göttinger Innenstadt und war dabei überrascht von den vielen Erinnerungen, die ich an diverse Orte in dieser Stadt habe. Dort auf der Lokomotive in der Fußgängerzone habe ich schon als kleines Kind gespielt, dort hinten hat mein Onkel das Gänseliesel erklettert, hier auf dem Wochenmarkt habe ich schon mit meiner Oma eingekauft. Ja, Göttingen ist eine Stadt in der ich mich zu Hause fühle ohne je hier gewohnt zu haben, so oft war ich schon da.

Meine Suche nach einem kleinen netten Café, wo man mir ein Frühstück servieren würde, blieb erfolglos, so dass ich mich schließlich meinem Hunger ergab (der Harndrang war auch nicht zu verachten) und wieder einmal einem Großkapitalisten mein Geld zuspielte, dessen Tochter sich davon wohl den nächsten Bugatti kaufen wird. Verdammte Kamps.

Als es anschließend immer noch erst eins war, rief ich den Jess an, ob er nicht hier irgendwo in der Stadt stecke. War falsch gedacht, aber er kam mir dann entgegen und wir trafen uns auf einen gemeinsamen Kaffee.

In der Fußgängerzone trafen wir erneut auf das "Onkel-Hanke-Orchester", dass sich sein Wochenende im Café Kreuzberg mit Straßenmusik verdiente. Besonders witzig war es eigentlich, das Quartett aus der Ferne zu hören. Denn die drei Bläser trugen selbstverständlich viel weiter, als der Hanke mit der Klampfe. Aus der Ferne hörte man dann immer nur "dit" und "dit-du-dap" aus den Blechen, unterbrochen von teilweise langen Pausen. Sehr amüsant.

Zurück im Kreuzberg erwachte dort langsam aber sicher das Leben. Am Nachmittag trudelten die Leute wieder ein, die außerhalb geschlafen hatten. Und auch jene, die leider am Vorabend nicht da sein konnten. IngSteph & Ko, Michael Günther und Johanna Zeul. Was hab ich mich gefreut. IngSteph & Ko hatte ich noch nie gesehen. Johanna schon über ein Jahr nicht mehr. Michael Günther hingegen spielte im Kommunalwahlkampf, den wir vor fünf Monaten hatten, direkt vor meinem Fenster in Oldenburg. Auch eine witzige Geschichte, aber die gehört jetzt hier ganz und gar nicht hin.

Gemeinsam mit diesen und einigen anderen Liedermachern gings später zum Göttinger Bürgerfunk. Wir wussten ja schon vorher, dass der Moderator - Dieter - nicht unbedingt die mitreißendste Art hat, seinen Hörern etwas zu erzählen. (Lieber Dieter, sei mir ob dieser Bemerkung bitte nicht gram.) Also beschlossen wir, aus dem live-im-Radio-Auftritt eine richtig dicke Show zu machen. Mit 10-15 Liedermachings betraten wir das Sendestudio. Spontan beschlossene Backgroundchöre, rhythmisches Gejohle, gegenseitig unterstützter Non-Sens. Wir schaukelten uns in einen regelrechten Scheiße-live-im-Radio-Bau-Rausch. Schließlich riefen die zurückgebliebenen aus dem Kreuzberg an, um sich auch noch "Fischmett von Hackmett MC" zu wünschen. Der - na ja, nennen wir es mal - Song ist beim wunderbar oppulenten Frühstücksbüfett im Backstageraum entstanden. Klar, dass wir den live im Radio spielten. War ja schließlich ein Hörerwunsch.

Der Abend war sicher auch ereignisreich. Aber wie das so ist, wenn man sich ein leckeres Getränk nach dem anderen verabreicht, verblassen die Erinnerungen teilweise schneller als es einem im Nachhinein lieb ist. Jedenfalls war noch eine Menge gute Musik da. Offene Bühne dieses Mal bis halb neun am Morgen. Die letzte Aktion: Jeder spielt jetzt sein erstes Lied... Schöner Morgen.

Anschließend ein paar Stunden Schlaf in Embryonalhaltung auf dem Ecksofa, bevor ich - dieses Mal pünktlich - zum Frühstück um zwei aufwachte. Noch ein bisschen gequatsche mit die Kollegas und ab gings auf die Bummelbahnfahrt nach Oldenburg.

Meine Wohnung erreichte ich gegen halb zehn am Abend. Dieser Tag war gelaufen. Schnell noch unter die Dusche und bald auch ab ins Bett.