08/10/07

Beduinenzelt | Frankfurt am Main | Sommerwerft-Festival

(Bericht von Lennart)

Kann es perfekter laufen? Ein Auftritt im fernen Frankfurt am wunderschönen Main. Und wir bekommen unsere Fahrtkosten bezahlt und dürfen einen Hut rumgehen lassen. Also schon mal super Konditionen. Einen professionellen Vertrag in den Händen besteigen wir in Oldenburg den Zug nach Hannover, wo wir umsteigen müssen. Der Regionalexpress verkehrt heute mal wieder unter dem Motto „Das Leben in vollen Zügen genießen!“ und so machen wir es uns auf unserem Gepäck bequem und unterhalten uns erstmal ein bisschen mit zwei netten Mädels, die auf dem Weg zum Waldfrieden-Goa-Festival sind. An sich eine nette Sache, also das Unterhalten jetzt, aber eigentlich wollte ich doch, nein, muss ich doch arbeiten. Die Examensklausuren rücken näher und ich muss dafür auf jeden Fall mehr wissen als jetzt.
In Bremen wird der Zug dann glücklicherweise etwas leerer, wir finden Platz und ich beginne zu arbeiten. In Hannover haben wir etwas Aufenthalt. Das besondere daran: Wir tun etwas nicht. Wir sind dieses Mal nicht bei Burger King zum Essen. Nein, wir sind tatsächlich losgefahren und haben uns vorher beide Brötchen geschmiert. Unglaublich. Die Weiterreise verläuft in bequemer Manier im Intercity und wir schaffen es sogar, zielstrebig die richtige S-Bahn in Frankfurt zu erwischen.
Die Haltestelle verlassend fragen wir eine nette Dame und finden sofort den perfekten Weg zur Sommerwerft. Eine perfekte und äußerst entspannte Anreise. Super.
Die Sommerwerft ist ein Festival am Frankfurter Mainufer, veranstaltet vom Theaterkollektiv Antagon. Dort ist es schon rein optisch wunderschön. Eine interessante Bühne sehen wir, treffen die ersten Leute, sehen Bildhauer bei der Arbeit und finden schließlich das Beduinenzelt, in dem wir heute auftreten sollten.
Das Beduinenzelt: Wirklich, ein wahrhaftiges Beduinenzelt, mitten in Mainhattan. Symbolisierter Kontrastentwurf. Innen ist das Zelt mit Perserteppichen ausgelegt und mit kleinen Podesten versehen. Verschiedenartige Bodenmöbel, Sessel die wirklich nur aus Sitzfläche und Lehne bestehen, machen das Abhängen bequemst. Stilecht stehen Shishas bereit, eine Theke verwöhnt mit Gebäck, Kaffee und Teespezialitäten. Traumhaft.
Doch bevor wir irgendwas spielen können, will ein verrückter Asiate auf sich aufmerksam machen und trötet, zischt und speit mit seiner Band Coversongs jenseits aller musikalischen Konventionen in die sehr spärliche Menge.
Anschließend sind wir an der Reihe. Schnell Soundcheck und dann los. Der Zeitplan ist klar und knapp. Nach uns soll das Open-Air-Theater, heute mit der Premiere der aktuellen Antagon Produktion Ginkgo, beginnen. Schätzungsweise 50-60 Personen finden sich nach und nach im Zelt ein und lauschen aufmerksam. Sehr schön so. Doch während wir spielen fängt der Himmel an zu weinen, ach quatsch, der heult wie Suse. Wassermaßen stürzen vom Himmel herab und begraben die Premiere unter sich. Außerdem wird unser Auftritt immer wieder von blöden Stromausfällen unterbrochen. Womöglich hat der Regen ja auch die Sicherungen manipuliert.
Nach unserem Set und zwei Zugaben können wir uns dann frei entscheiden, bis elf weiterzuspielen. Also legen wir eine Pause ein und geben dann unser Bestes, das anwesende Publikum adäquat zu unterhalten, um es die vernasste Premiere vergessen zu lassen.
So wird aus dem geplanten einstündigen Konzert gleich ein großes Konzert, mit einer Bruttospielzeit von fast drei Stunden. Trotz allen Mitleids über die Absage des Theaters ist es uns ein Fest. Wir heißen ja schließlich nicht umsonst Spieltrieb.
Nach dem runterkommen, CDs verkaufen usw. fahren wir mit Bernhard, einem der clanältesten, in das Kollektiv. Wunderschön. Ein Gemeinschaftshaus mit einigen privaten Zimmern, vielen Gemeinschaftsräumen und drum herum quasi eine Wagenburg. Tolle Mischung. Abendliches Abchillen und schlafen schließlich in einem Zirkuswagen. Was kann denn bitte noch geileres passieren?
Der nächste Morgen ist für mich leider mit einer sehr hektischen Abreise verbunden, da ich in den Harz, zur Hochzeitsfeier eines Freundes fahre. Jetzt also im Anzug ins Schullandheim, wo die beiden einen günstigen Saal mit gleichzeitiger Unterkunft aufgetrieben haben. Gute Kombi. Ziemliche Gegenwelt.