05/01/09
AJK Grünes Haus | Suhl | Staat-Sex-Amen-Tour 2009
Bericht von Philipp
Suhl. Eine Stadt im Thüringer Wald. Die Heimatstadt meines Oldenburger Mitbewohners. Bisher war ich erst einmal dort, und zwar haben meine Eltern und ich dort kurz nach der Grenzöffnung entfernte Verwandte besucht. Meine einzige Erinnerung daran ist eigentlich, dass ich von den Telefonzellen beeindruckt war, deren Telefone noch Wählscheiben hatten. Seit dem sind allerdings etwa 19 Jahre vergangen und es hat sich viel verändert. Nehme ich zumindest mal an. Die Telefonzellen haben unter Garantie Tasten und die Menschen Handys.
Heute spielen wir auf der Mai-Party des AJK, einem alternativen Jugendzentrum, das 1990 nach einer Hausbesetzung gegründet wurde. Wenn man nur immer so leicht an einen Auftritt kommen würde. Vor ein paar Monaten rief Lennart dort an und Birgit, die Leiterin des AJK, sagte sofort zu, ohne zu wissen, wer wir eigentlich sind. Später erzählte sie uns dann, dass sie sich hinterher nicht sicher war, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Dann habe sie aber bei Myspace mal reingehört und war beruhigt.
Bei unserer Ankunft gibt es mal wieder kurze Verwirrung. Eine Dresdner Metalband wurde von „Generation Breakdown“, dem zweiten Act des heutigen Abends, eingeladen zu kommen. Sie meinten, alles sei abgesprochen. War es aber anscheinend nicht. Im AJK wusste niemand von ihnen. Dann wird aber doch alles friedlich abgesprochen. Die dritte „Überraschungsband“ hätte sogar spielen können, entscheidet sich dann aber doch abzureisen.
Um circa 21 Uhr machen wir den Anfang. 30 Zuschauer, die den kleinen Raum angenehm füllen, sind vom ersten Moment an mit dabei. Das tut mal wieder richtig gut. Es wird gelacht, mitgesungen und gefeiert. Unser gut einstündiges Set ist ein reiner Spaß. Teilweise unterbrechen wir sogar kurz Lieder, da einfach so laut gelacht wird, dass halbe Strophen drohen, dabei unterzugehen. Da kann man ja kurz mal warten, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Alles in allem ein Auftritt, wie er sein sollte. Begeisterung und Freude seitens Publikum und Musikern, zwischen denen absolut gute Schwingungen herrschen.
Danach legen „Generation Breakdown“ los. Die dreiköpfige Band ist mir allerdings zu laut, um lange dort zu verweilen. Das muss ich gestehen. Ich weiß, ich bin ein Mädchen, was meine Ohren angeht. Aber ich kenne auch genug Leute, die schon einen Tinitus haben und wenn ich merke, dass es weh tut und keine Ohrstöpsel am Start sind, wird es für mich Zeit, keine weiteren Risiken einzugehen und das Weite zu suchen. Trotzdem versteht man sich auch nach dem Konzert blendend und die sympathischen Jungs laden uns sogar ein, in einer Woche in Dresden auf ihrer CD-Releaseparty zu spielen. Noch ist nichts festgemacht, aber nächste Woche wird telefoniert und da der Magdeburg-Gig ja leider ausfallen muss, haben wir Zeit und Lust zu spielen. Außerdem wird man als Liedermacher ja nicht alle Tage von Rockbands eingeladen.
Birgit erzählt uns später, dass hier normalerweise fast nur Punkbands spielen und einige Leute vor dem Konzert (wir wurden ja wie immer als Liedermacher angekündigt) stöhnten: „Boa, jetzt müssen wir uns hier auch noch Kultur anhören!“. Genau die selben Leute saßen dann kurze Zeit später laut klatschend vor der Bühne und haben wohl hoffentlich in Zukunft eine nicht mehr so negative Erwartungshaltung, wenn irgendwo Liedermacher angekündigt werden. Ja, auch Barden können rocken und unterhalten. Nach dem Konzert werden wir mehrfach gebeten, doch bitte wieder zu kommen. Sehr wahrscheinlich, dass das auch geschehen wird.