05/16/09

Ludwigstraße 37 | Halle/Saale | Staat-Sex-Amen-Tour 2009

Bericht von Lennart

In der Ludwigstraße 37 war früher eine psychiatrische Anstalt für Kinder, in der die Kinder eher weggeschlossen als therapiert worden sind. Mit der Wende verschwand die Anstalt als solche, das Gebäude stand leer und ein paar Linke haben es besetzt. Aus einer Hausbesetzung entstehen gar nicht selten wunderschöne Orte und atmosphärisch angenehme (Gegen-)Kulturstätten. Das ist auch hier in Halle der Fall.

Nach einer gefeierten Nacht in Berlin – ich habe dort das Konzert von Herrn Binner und weiteren Kollegen der BierTenöre besucht und bin anschließend mit Thilo mit h, Lilli und Steffie Döner essen gewesen – rappele ich mich recht früh am Morgen auf (schon gegen neun) und beginne mein Tagwerk wie üblich mit einer ordentlichen Portion frischem Kaffee.

Ein paar Kleinigkeiten habe ich zu erledigen, bevor wir uns auf den Weg nach Halle machen werden. Philipp ist bei einer Freundin untergeschlüpft, so dass ich mein Heim mal wieder ein paar Tage für mich allein hatte, was immer sehr gut tut. Ich trete vor die Tür und komme mit dem Gründer der Partei Pi, die sich bei der nächsten Bundestagswahl zur selbigen stellen will ins Gespräch. Die Partei Pi (Was für Partei interim steht) verfolgt nur ein Ziel. Die umgehende Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Ich bin ja durchaus von der Idee des Grundeinkommens überzeugt, machte es doch auch mein Leben so viel einfacher, lies mich aber trotzdem nicht als Landesvorsitzender für die dann von mir zu gründende Landesliste Niedersachsen anwerben. Wer mehr übers Grundeinkommen wissen möchte, der sollte trotzdem mal im Netz suchen (z.B. Grundeinkommen.tv). Es ist immerhin eine Forderung, die über 50.000 Unterzeichner einer Online-Petition an den deutschen Bundestag gestellt haben. Der Bundestag hat diese Petition freilich ignoriert, kein einziger Abgeordneter hat das Thema aufgegriffen und auf die Tagesordnung gesetzt. Und das obwohl es die bis dahin meist gezeichnete Petition an den deutschen Bundestag war. So geht die deutsche Politik also mit basisdemokratischen Elementen um...

Jedenfalls habe ich mir in Berlin noch ein neues Nagelset besorgt, denn meine altes ist irgendwie verschwunden. Es ging eh grad aus dem Leim, so dass ich ihm nur bedingt nachgetrauert habe. Nach einer sehr preisgünstigen aber leider auch eher nicht so guten Nudelbox vom Chinamann um die Ecke kommt Philipp an Bord und wir beginnen unsere Fahrt. Wir freuen uns heute besonders darauf, während des Fahrens von der Bundesligakonferenz im Radio unterhalten zu werden, denn schließlich war die Liga in ihrer Endphase lange nicht mehr so spannend. Ich habe jedenfalls jedes einzelne Wolfsburger Tor abgefeiert (5 mal Grund zum Feiern, juchu!) und zufrieden zur Kenntnis genommen, dass die blöden Bayern unentschieden gespielt haben. Schade, dass Hoffenheim es nicht geschafft hat, das Spiel zu gewinnen. Dann wäre der Drops schon gelutscht.

In Halle finden wir die Ludwigstraße recht bald und dürfen in den Garten der Anlage fahren. Da steht mein Wohnmobil auch für die Nacht hervorragend. Weil wir ein bisschen früh dran sind vertreiben wir uns die Zeit mit irgendwas, bis schließlich unser Freund und Kollege John Banse ankommt, der sich heute bereit erklärt hat ein Vorprogramm für uns zu spielen.

Gegen viertel nach zehn beginnt Johnny und spielt ein schönes Set voller guter Lieder, die von linkem Kampfgeist nur so strotzen. Leider interessiert das die Besucher der Ludwigstraße eher wenig, weshalb sich neben meiner Verwandtschaft (Onkel, Tante und zwei Cousinen sind anwesend – nur der junge Cousin musste zu Hause bleiben) nur zwei, drei weitere Zuschauer in den Saal verlaufen, während der Rest sich in der vorgelagerten Kneipe tummelt. Wobei auch das Wort tummeln hier fehl am Platz ist, denn 20 Leute tummeln sich nicht, sie haben genug Platz um einfach nur zu sein.

Gegen viertel vor elf legen wir dann endlich los und zu unserer Überraschung sind schon nach ein paar Liedern deutlich mehr Leute im Saal. Glücklicherweise ist der Boden kurz vor der Veranstaltung gewischt worden, denn die eigentlich geplante Bestuhlung ist von allen Seiten vergessen worden, so dass sich unser Publikum einfach auf den Boden setzt um unseren Liedern zu lauschen. Wir bekommen gute Reaktionen, spielen wahrscheinlich etwa drei Songs zu lange und sind am Ende glücklich und geschafft, müssen aber trotz der kleinen Überlänge noch zwei Zugaben geben. Die Uhr geht hart auf eins zu.

Meine Verwandtschaft verabschiedet sich und ich quatsche noch ein bisschen mit den Hausbewohnern, staube eine Einladung zum Frühstück im Garten ab und begebe mich gegen drei nach Hause, was heute ja glücklicherweise im Garten steht.

Philipp hat sich derweil mit Johnny verquatscht und beschlossen, bei ihm zu pennen.
Die beiden nehmen ein Taxi und verschwinden irgendwie vor mir. Aber genauer kann ich das nicht sagen. Geplant ist auf jeden Fall, dass die beiden am Sonntag noch eine Radioaufzeichnung für Radio Corax machen. Ich weiß noch nicht ob da was draus geworden ist, denn ich bin zeitgleich beim Verwandtenbesuch.

Jedenfalls war es wunderschön in der Ludwigstraße 37 und wir werden gerne wiederkommen. Vielleicht verdoppeln wir dann ja unsere Zuschauerzahl.