08/29/09

Alter Posthof | Hattersheim | 4. Rhein-Main-Liedermacherwettberwerb

Bericht von Philipp

Wettbewerbe. Es ist ja erst der zweite, an dem wir teilnehmen, aber die Erfahrung reicht mir schon, um zu wissen, dass das eigentlich überhaupt nicht mein Ding ist. Ich habe nicht das Gefühl, mir was beweisen zu müssen, zumindest nicht in der Konkurrenz mit anderen Musikern, die doch letzten Endes individuell sind und für sich stehen. Aber auch wenn man sich noch so oft einredet, es ginge um den Spaß an der Sache und nicht ums Gewinnen, wenn man ehrlich ist, wollen doch alle gewinnen. Natürlich auch wir. Vor allem, weil wir fast 500 km anreisen mussten. Da will man ja nicht mit leeren Händen nach Hause fahren. Außerdem ist ein gewonnener Preis immer ein Aushängeschild, mit dem man angeben kann. Ist einfach so. In der Musik, wie im Kabarett oder sonst wo.
Also stellen wir uns heute der Herausforderung, gegen neun weitere Finalisten anzutreten. Als wir ankommen, gibt es für jeden erstmal ein Namensschild und wir müssen eine Nummer ziehen, um zu wissen wann wir dran sind. Lennart zieht die Startnummer „9“. Eine Menge Geduld ist heute also gefragt. Alkoholisches zu trinken traue ich mir auch nicht zu, also lausche ich den anderen Liedermachern und Songwritern. Allerdings nur mit einem halben Ohr, da ich wirklich etwas angespannt bin und diesen Wettbewerbscharakter einfach nicht aus dem Kopf bekomme. Jeden Künstler auf der Bühne unterschwellig als „Konkurenten“ wahrzunehmen, kann ich beim besten Willen nicht vermeiden. Ich weiß jetzt schon, dass ich froh bin, wenn wir gespielt haben und alles Weitere nicht mehr in unserer Macht steht. Kann der Leser oder die Leserin mich da verstehen? Ich kann mich da einfach nicht so ganz locker machen.
Ich vertreibe mir die Zeit zwischendurch mit Spazierengehen, telefonieren und außerdem drehen Lennart und ich auf seinen Vorschlag hin seit langer Zeit mal wieder ein kleines Tourvideo. Schließlich geht es in ein paar Tagen wieder los.
Neben uns spielen unter anderem Denkerskind, der uns schon vorher ein Begriff in der Liedermacherszene war, dem wir heute aber zum ersten Mal begegnen und Martina Gemmar, die für uns schon mal zu den Favoriten zählen.
Nach acht Künstlern und langem, geduldigen Warten sind wir dann auch dran. Wir spielen „Sonnenbrand“, „Keine Ahung“, „Und“ und „Unabhängigkeitserklärung“, eines unserer neueren Stücke. Damit haben wir versucht, ein musikalisch wie inhaltlich abwechslungsreiches Kurzprogramm zusammen zu stellen. Wir sind echt aufgeregt, was uns mittlerweile kaum noch passiert, aber vor etwa hundert Leuten auf einer großen Bühne im grellen Scheinwerferlicht zu stehen, ist halt nicht unser Standard. Wir spielen aber sauber und dann ist es ja auch schnell vorbei. Nach uns spielt dann noch ein Act und die Jury zieht sich zurück. Schnell wird aber das Ergebnis verkündet. Wie sich rausstellt, lagen wir mit der Vermutung unserer Favoriten richtig. Denkerskind und Martina Gemmar sind unter den ersten drei und wir erreichen tatsächlich den ersten Platz. Ich muss zugeben, dass mir wirklich ein Stein vom Herzen fällt, dass sich der ganze Stress und die Fahrerei gelohnt haben. Jetzt bin ich natürlich auch locker und ausgelassen und es werden noch Kontakte zu weiteren Mitstreitern geknüpft. Nach ein paar Gläsern Apfelwein verlagert sich der Rest vom Fest in die kleine Folkkneipe Krone. Oh, ich vergaß zu sagen, dass der Abend Open Air im Hattersheimer Posthof stattgefunden hat. Jedenfalls sitzen wir jetzt in der Krone, wo noch richtig gute Lieder auf sympathisch betrunkene Art und Weise zum Besten gegeben werden. Es wird mal wieder spät und ich freue mich auf ein paar letzte Tage zu Hause, bevor es wieder auf Tour geht.