11/17/09

Exil | Chemnitz | Staat-Sex-Amen-Tour 2009

Bericht von Philipp

Wir verlassen das Gelände eines Wohnmobilhändlers, wo wir etwas reparieren lassen mussten. Dafür wissen wir, dass nun mit der Autobatterie oder zumindest mit der internen Elektrik des Wohnmobils was nicht stimmt. So ist das halt bei der Anschaffung eines so alten Gefährtes. Es geht ständig irgendwas kaputt. Bisher haben die finanziellen Rücklagen, die wir uns für solche Fälle schaffen, auch immer ausgereicht. Es kann nur theoretisch immer sein, dass durch Verschleiß oder einen Unfall so hohe Reparaturkosten entstehen, dass unser Low-Budget-Tour-Konzept nicht mehr zu realisieren ist. Am besten gar nicht daran denken, sondern vertrauen. So lange unsere Einnahmen anfallende Kosten kompensieren können, ist unser alter Bus einfach ein weiteres Bandmitglied, das auch seinen Lebensunterhalt verlangt.

Wie auch immer, wir haben nur einige Kilometer zu fahren, bis wir in Chemnitz sind. Dieser Auftritt kam vor einem Monat, also relativ kurzfristig zustande. Es mangelt leider an Absprachen. Wir wissen eigentlich nur, dass wir hier heute spielen. Wir haben also keine Ahnung, was wir an Technik benötigen, ob wir ein Essen bekommen, ob es Gage gibt oder wir mit dem Hut rum gehen. Anhand eines Plakates erfahren wir zumindest schon mal, dass es um halb zehn losgehen soll. Bevor unser Ansprechpartner Frank erscheint, inspizieren wir das vorhandene Equipment und schleppen alles Fehlende aus dem Bus herein und bauen auf. Währenddessen frage ich mich die ganze Zeit, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege, dass es sich bei einem essenden Gast um den Autor, Satiriker und Sänger Wiglaf Droste handelt. Auf jeden Fall, der ist es. Ich kenn zwar nichts von ihm, habe ihn aber vor Jahren mal in einer hochintellektuellen Diskussionsrunde über Bob Dylan im Fernsehen gesehen. Außerdem singt er ein Lied auf einem deutschen Johnny-Cash-Tribute-Sampler. Er scheint hier gerade ein Interview zu geben und später erfahren wir, dass er heute in der Uni eine Lesung gehalten hat.

Kurz darauf kommt Frank und später auch Techniker Steve und man begrüßt sich. Nach dem Soundcheck werden mit fabelhaftem Essen versorgt und da wir noch sooooo viel Zeit bis zum Konzert haben, lege ich mich noch mal für ne Stunde ins Bett und höre weiter in Hape Kerkelings Hörbuch "Ich bin dann mal weg", das mich schon seit über einer Woche begleitet.

Als es halb zehn ist, begebe ich mich zurück ins Exil, das sich übrigens im Schauspielhaus befindet. Wir machen noch schnell ne Titelliste für den Abend und los geht's.

Nun ja, so richtig geht's leider nicht los. Ein paar Leute vor der Bühne scheinen zwar wegen der Musik da zu sein, trotzdem blenden die Scheinwerfer, es ist heiß und der überwiegende Teil der Gäste interessiert sich nicht sonderlich bis gar nicht. Da kommt keine Stimmung auf. Mit der Zeit werde ich zwar lockerer, aber im Publikum tut sich auch nicht mehr. Zwar wird hier und da mal gelacht und wir spielen auch nicht schlecht, aber der Funke will nicht so recht überspringen. Auch nach der Pause ändert sich das nicht. Wir ernten müden Applaus und an Zugaben denkt heute auch keiner. Immerhin scheint es den paar Leuten in der ersten Reihe gefallen zu haben und das ist ja immerhin was. Wir verschenken zwei Plakate und verkaufen zwei Mal unsere erste CD "Eine Scheibe Ton" für jeweils 3 Euro. Das werden wir erneut probieren und hoffentlich mehr interessierte Zuhörer haben.

Danke trotzdem an diejenigen, die uns Geld in den Hut warfen, auch wenn sie ganz gut ohne unsere Lieder durch den Abend gekommen wären. Selbiger wird aber noch sehr nett. Wir trinken und reden noch etwas mit den Leuten hier. Einige sind gerade erst vom Prodigy-Konzert in Dresden gekommen. Harte Konkurrenz.

Vielen Dank an Frank und das Exil-Team, die uns so nett empfangen und versorgt haben. Am folgenden Tag haben wir sogar noch ein Frühstück bekommen. Noch mal danke!