04/16/10

Zum Prinzen Ernst | Mudau

Bericht von Philipp

Die Sonne scheint in Worms. Leider kann ich das nicht so richtig genießen, da ich nach ein paar Tagen Tour schon wieder die erste Erkältung habe. Nach einem kleinen zweiten Frühstück mit den Leuten von der Funzel (Brötchen mit Fleischwurst, Gürkchen und Senf) machen wir uns auf den Weg. Dieser führt uns durch den schönen Odenwald. Über Serpentinen fahren wir von einem verlassenen Nest in das nächste. Ein kleiner Bach begleitet uns auf dem Weg. Man merkt, dass man schon wieder in einer völlig neuen Gegend mit einer ganz anderen Landschaft ist. Es überkommt mich die Sehnsucht, anzuhalten und spazieren zu gehen. Die Vorstellung, dass wir hier heute ein Konzert geben sollen, geht nicht so recht in meinen Kopf. Was soll denn hier los sein? Na ja, vielleicht ist unser Zielort Mudau-Ernsttal ja etwas größer.
Ist er nicht. Wunderschön steht das Gasthaus „Zum Prinzen Ernst“ verlassen an der Landstraße. Wie sind wir bloß wieder an diese Adresse geraten? Lennart weiß es auch nicht mehr. Mal sehen, was heute so geht. Gemeinsam mit Gregor und Martin beschließen wir, nicht im Konzertraum nebenan, sondern direkt in der Wirtschaft vor dem Kamin zu spielen. Wir versprechen uns eine gemütlichere Atmosphäre.
Nach einem wirklich guten und leckerem Essen lege ich mich noch mal für ne knappe Stunde ins Wohnmobil. So richtig nach Konzert fühle ich mich, müde und krank wie ich bin, nicht. Hätte ich nen normalen Job, würde ich mich wohl guten Gewissens krank melden. Aber als Selbständiger muss man sich immer überlegen, ob es nicht doch irgendwie geht. Vor allem, wenn man nicht allein davon abhängig ist.
Als ich um 20:30 Uhr wieder im „Prinzen Ernst“ eintreffe, sind schon einige Leute da. Yen, die heute die Kasse macht, tut sich allerdings schwer damit, den Leuten die 4 Euro Eintritt abzuknöpfen. Die meisten „wollen ja nur Bier trinken“. Wir beschließen, einfach anzufangen, in der Hoffnung, die Leute für uns zu gewinnen, und dann nach ein paar Songs abzukassieren.
Wir fangen an und bekommen die ersten Reaktionen. Nach „Dieses Lied“ wird erst recht applaudiert und „Soll und Haben“ sorgt für den einen oder anderen Lacher. Zwischenzeitig wird auch mal gar nicht zugehört und nach manchen Stücken nicht mal applaudiert, da gar nicht registriert wird, was da in der Ecke musikalisch passiert (wohl eine der deprimierensten Erfahrungen eines Bühnenkünstlers). Dann wird aber wieder mit uns gescherzt und bei „Schlafentzug“ gelacht. Es ist irgendwie skurril und ich weiß nicht so recht, was ich von dem Abend halten soll.
In der Pause erfahren wir, dass die meisten Gäste Patienten des nahe gelegenen Sanatoriums sind. Sie seien alle psychisch Krank und auf Psychopharmaka. Ach, deswegen haben die bei „Spam mich zu“ so viel gelacht („Psychopharmaka/Du bist ein großer Star/Bis zu deinem Abgrund/Stolperst fast hinab und fliegst ins Tal/Ganz normal“). Von der Klinik aus blick man nämlich auch ins Tal. Wir verkaufen sogar eine CD.
Gegen Ende schlafe ich schon fast auf der Bühne ein und gehe nach dem Konzert auch sofort schlafen. Schließlich müssen wir morgen noch in Offenburg spielen, wo ich in meinen Geburtstag reinfeiern werde, sofern mir danach ist.
Während Lennart im Gästezimmer einquartiert ist, gönne ich mir eine Nacht allein im Wohnmobil. Unter Sternenhimmel höre ich den Bach rauschen und Eulen rufen.