09/23/10

Brauhaus | Oberursel

Bericht von Lennart

Aufgewacht bin ich in meinem Wohnmobil in Neu-Isenburg. Das ist ein ganz bisschen südlich von Frankfurt und damit gerade so außerhalb der nervigen Umweltzone. Philipp hat diese Nacht bei seinem Cousin Flori geschlafen, während ich im WoMo sturmfrei hatte. Erwacht und nach dem klassischen Kaffee-Kippe-Früstück kümmere mich wieder um die dringlichen Angelegenheiten des Tourlebens; in diesem Fall die Frage, wo wir das randvolle Klo leer machen können. Leider ist die Situation im Frankfurter Raum was dies betrifft sehr schlecht, soll heißen: ich fahre zwar zum Frankfurter Messegelände, finde dort aber nicht die verzeichnete Entsorgungsanlage. Ich erfahre, dass der Wohnmobilstellplatz nur zu Messen geöffnet ist. Ist wohl gerade keine Na gut, denke ich mir, und muss dringend pinkeln, dann hole ich erst mal Philipp ab.
Schnell noch bei Flori unter die Dusche gesprungen und auf geht's nach Oberursel, in der Hoffnung unterwegs vielleicht was zu finden, wo wir den Inhalt des Porta Pottis lassen dürfen. Leider klappt das auch nicht. Deshalb fahren wir tatsächlich 25 Kilometer extra, auf der Hochtaunusstraße (super schön), bis wir endlich die naheliegendste Station finden. Na wenigstens ist das Klo jetzt wieder benutzbar. War
definitiv die teuerste Entleerungsaktion die wir je haben bringen müssen.
Zurück in Oberursel finden wir glücklicherweise rasch einen für die Übernachtung geeigneten Parkplatz in der Nähe unseres Venues des Abends: dem Alt-Oberurseler Brauhaus, das es seit dem 18. Jahrhundert gibt und wo auch heute noch gebraut wird. Nicht vorenthalten möchte ich euch die Namensgeschichte der "altehrwürdigen" Gastronomie:

- Zum römischen Reich
- Zum deutschen Kaiser
- Zum deutschen Reich
- Zum deutschen Haus
- Alt-Oberurseler Brauhaus

In eben diesem Brauhaus spielen wir in der Brennbar, wo vielleicht auch Schnaps gebrannt wird, auf jeden Fall aber geraucht werden darf. Es ist allerdings herrlichstes Biergartenwetter und so ist der überwiegende Teil der Gäste natürlich draußen, um den vielleicht letzten schönen Tag des Septembers zu genießen. Außerdem ist selbstredend gerade Oktoberfest im Brauhaus. Hungrig verzehren wir zünftigen
Schweinebraten und Rouladen. Hmhmhm! Gute Küche haben sie ja schon mal. Im Raucherraum, der Brennbar, bauen wir anschließend auf und checken flugs unseren Sound. Und ich schaffe es sogar, im Vorauftrittsstress daran zu denken, dass meine Mutter Geburtstag hat. Also rufe ich sie an und gratuliere herzlich. Aber warum nicht auch mal an dieser Stelle: Alles Gute zum Geburtstag, Mama! Der Auftritt selbst ist davon gekennzeichnet, dass im hinteren Teil der Brennbar ein
ganzer Tisch mit Fahrradfahrern sitzt, die sich lautstark austauschen. Zum Glück sitzen sechs Leute in Bühnennähe und zwei Personen an der Bar die unserem Auftritt offensichtlich folgen, so dass es mir nicht ganz so schwer fällt zu ignorieren, dass wir überwiegend ignoriert werden. Philipp ist allerdings hundemüde, kraftlos und am kränkeln, so dass er in der Liste ein Lied übersieht und schon das letzte Lied vor der Pause ankündigt. Hier war wahrscheinlich der Wunsch Vater des Gedankens. In der Pause gesteht er mir, dass er das Gefühl habe, schon ein ganzes Konzert gegeben zu haben und jetzt auch gut
schlafen gehen könne. Bevor es auf der Bühne weiter geht unterhalten wir uns noch kurz mit einem Gast, der jahrelang als Lichttechniker mit den "U-Bahn Kontrolleuren in tiefgefrorenen Frauenkleidern" unterwegs war. Er findet uns super und will mal gucken, ob er einen hilfreichen Kontakt für uns herstellen kann. Na, mal sehen... Nach dem Konzert wird heute kaum gefeiert. Stattdessen tragen wir zügig unseren Kram
zurück zum WoMo und rauchen dort noch eine Feierabendzigarette. Dabei entdecken wir mal wieder unser Haustier, dem wir fortan den Namen Berta geben. Berta ist eine Spinne und sie wohnt zum Glück außerhalb des Wohnmobils. Genauer, zwischen Außenspiegel und Fahrerhaus hat sie ihr Netz gesponnen und reist so seit über
tausend Kilometern mit uns. Manchmal kommt sie auf der Autobahn aus ihrem Versteck, um im "Sturm" schnell die wichtigsten Fäden zu retten. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel so ein Spinnennetz aushält. Wir haben auch noch eine tote Fliege im Wagen und überlegen Berta zu füttern. Allerdings haben wir die Fliege schon lange dabei und wir vermuten dass sie Berta nicht mehr schmecken wird, weshalb wir es dann doch lassen.