11/11/10

Umsonstladen | Halle (Saale)

Bericht von Philipp

Nachdem wir unseren gestrigen freien Tag bei unseren Bekannten in Leipzig verbracht haben, ist es heute nicht mehr so weit bis Halle. Ich habe mir heute einen Haarschnitt für 6 Euro machen lassen, denn in Oldenburg bekommt man das definitiv nicht für den Preis.
Schnell finden wir den Umsonstladen in Halle, der zum Kulturverein Postkult e.V. gehört. Motiviert schleppen wir unsere Bühnentechnik herein, da wir wissen, dass es hier keine gibt, stellen aber schnell fest, dass wir hier auch keine brauchen. Der Umsonstladen ist nämlich eine einfache ehemalige Wohnung mit zwei Zimmern als „Konzertsaal“ zur Auswahl. Das erste Zimmer erscheint uns mit ca. 13-14 qm als gut geeignet. Wieder mal ein ganz spezieller Ort, an den es uns heute verschlagen hat. Alles ist ziemlich self-made hier. Es stehen einige Regale herum, in denen Klamotten liegen, die man sich umsonst mitnehmen kann. Das meiste davon ist allerdings auch so hässlich, dass wohl niemand dafür Geld bezahlen würde. Einige Schmankerl kann man hier aber finden, so z.B. ein Franz-Kafka-Shirt für echte Fans. Lennart und ich machen uns auch gleich auf die Suche, vor allem nach Hosen, finden aber nichts schönes, das uns passt. Essen gibt es hier nicht, darum gehen wir zum Chinesen um die Ecke. Ein Klo gibt es hier nicht, darum müssen wir heute unser Wohnmobil dafür benutzen, das zum Glück vor der Tür steht. Alle anderen müssen dafür schon weiter gehen. Es gibt da irgendein Abkommen, dass die Gäste hier zu einem anderen Laden gehen dürfen. Es gibt hier noch nicht mal einen Wasseranschluss und für den Kohleofen sind noch keine Kohlen da. 20 Jahre nach der Wende hat man hier schon das Gefühl, eine Zeitreise gemacht zu haben. Die Leute sind aber alle sehr herzlich hier und es kommen mit der Zeit wirklich viele Gäste. Über den Abend verteilt sind es bestimmt 40-50 Leute, die sich im Konzertraum, im Flur und vor der Tür verteilen. Wir sitzen auf nem grünen Sofa und spielen, wie gesagt unverstärkt, und haben mal wieder genau unser Publikum gefunden. Unsere Songs finden Gehör und es herrscht eine tolle Stimmung, die durch den Wohnzimmercharakter einen ganz besonderen Reiz hat. Ein Gast hat auch ein Video bei YouTube rein gestellt. Es ist zwar noch falsch betitelt, aber wenn ihr es euch anschaut, bekommt ihr einen guten Eindruck von dem Abend: ZUM VIDEO ÜBER DIESEN LINK
Nach dem Konzert kleiden ich und ein paar andere Gäste noch Bad-Taste-mässig in die hässlichsten Klamotten, die wir finden können. Ich trage einen Wollpullover mit schrecklich niedlichen Hunden drauf.
Bald bin ich aber müde und ziehe mich zurück, um die neu ergatterten Hörbücher von Max Goldt weiter durchzuhören.