03/02/13
Kaufbar | Braunschweig
Bericht von Lennart
Am Samstagmorgen erwache ich in Emden. In einem Doppelbettsofaliegewisendings. Neben mir schläft Philipp noch. Langsam kommt aber Leben in die Bude. Ich sage Philipp, dass ich mir einen Kaffee machen will. Der meint, ich müsse mal nachgucken, in der Küche sei bestimmt was. Aber ich kenn mich aus. Ich erinnere mich tatsächlich von unserem letzten Besuch, der etwa zwei Jahre her ist, wo ich die Kaffeemaschine finde, welches Modell in der Küche steht und wo ich das dazugehörig verpackte Kaffeemehl, in diesem Fall in Pad-Form, finde. Den ein oder anderen mag das verblüffen. Ich sage nur: "Es gibt Dinge, die wichtig sind. Und die merke ich mir dann auch."
Nach einem wirklich guten Frühstück, da merkt man wieder die großartige Gastfreundschaft des Wirts, die uns immer wieder ins Grusewsky hat fahren lassen, machen wir uns gegen Mittag auf den Weg über Oldenburg und Achim nach Braunschweig. Die Zwischenstopps sind nötig, weil wir in Oldenburg noch Kram von Philipp einladen, den wir bei mir in Achim wieder ausladen und den ich dann Mitte März ins Studio mitbringen werde. Spieltrieb in zwei Städten ist auch eine logistische Herausforderung. Außerdem plane ich, mich zwischendurch zu Hause noch mal an den Schreibtisch zu setzen, was nicht gelingt, weil mir eine Dusche dann doch wichtiger ist und wir auch gar nicht so viel Zeit in Achim haben.
Braunschweig erreichen wir sehr pünktlich. Die halbe Stunde, die wir als Puffer eingeplant haben, war nicht nötig. Aber der Jerg, der für uns heute Vorprogramm machen wird, ist auch schon da und so können wir uns nach einem freudigen Wiedersehen schon an den Aufbau machen. Dieses mal wieder mit unserer einen Aktivbox, die zwar sehr einsam ist, so ohne Partner, aber dafür keinen durchgerockten Kneipensound, sondern einen schönen klaren Klang bietet. Mono kann auch mal besser sein. Die Anlage pegeln wir ohnehin sehr leise ein, denn heute wollen wir nur unterstützen. Nach anfänglichem Zögern, beschließen wir, dass es tatsächlich nicht nötig ist, das Banjo überhaupt zu verstärken. Es kommt auch so genug durch.
Braunschweig ist für uns gewissermaßen ein Heimspiel. Beide haben wir Familie vor Ort und wann immer wir in der Kaufbar gespielt haben, war es ein wunderschöner Abend. Heute soll das wieder so werden. Gegen halb acht trudeln die ersten Gäste ein und pünktlich zu Jergs Start um viertel nach ist der Laden gut gefüllt. Jerg präsentiert schöne, einfühlsame Lieder, die ich persönlich sehr schätze. Allerdings frage ich mich, was Jerg mit den Zeilen "Lennart könnte man gleich heiraten, aber der ist nur an Philipp interessiert." (Der Jerg, sinngemäße Wiedergabe) anfangen soll. Behauptet jetzt das Vorprogramm, wir seien ein schwules Paar? Dafür kennt uns Jerg eigentlich zu gut.
Wir beginnen unser für diesen Abend speziell geplantes Set sehr langsam. Der neue Opener "Spieltrieb singt ein Lied", der unsere längere Bühnenabstinenz erklärt, macht den Anfang. Auch die folgenden Lieder sind eher ruhige Nummern. Ein bisschen nach vorne geht es in der ersten Hälfte fast nur bei "Tanz", einem neuen Smash-Hit für das kommende Album. Das Publikum ist dabei total mit uns. Ein Musikerkollegen-Kommentar: "Das ist der entspannteste und beste Auftritt, den ich je von euch gesehen habe." Macht stolz, sowas zu hören.
Auch die zweite Hälfte gelingt, wenngleich unsere mangelnde Routine sich in peinlichen Texthängern, unnötigen Verspielern und überhaupt einem eher nicht so profimäßigen Auftreten niederschlägt. Das macht heute Abend aber absolut gar nichts. Wir haben Spaß - und unser Publikum auch. Danach dauert es noch einige Stunden, bevor wir die Kaufbar verlassen. Früher mussten wir hier immer relativ schnell raus, weil der Laden geschlossen werden sollte. Heute hat Jerg aber die Schlüsselgewalt und so geben sich vor allem Philipp Omlor und Philipp Kasburg gegenseitig die Gitarre in die Hand. Wir singen noch ein paar Stunden, bis ich es schaffe, Philipp MEINE Gitarre zu entreißen, um mich zu verabschieden. Ich schlafe heute bei meiner Schwester, wohin ich durch die große Stadt (Wenn man in Achim wohnt ist jede halbwegs vernünftige Stadt automatisch auch groß.) wandere, bepackt mit Schlafsachen, Gitarre und Bass. Es ist ein wunderschöner Abend, an dem ich am Ende wieder weiß, warum ich trotz meines anstrengenden Jobs immer noch so gerne auf Tour gehe.