03/27/13
Tu-Wat | Stadthagen
Bericht von Lennart
Als wir morgens in Bielefeld erwachen, ist eines schon mal gut zu wissen: Nach Stadthagen, wo wir heute Abend spielen werden, ist es nicht besonders weit. Und das ist auch gut so. Denn hätten wir es weit, könnten wir nicht erst mal einen Spaziergang machen, bevor wir uns mit frischen Brötchen im Gepäck ans Frühstück machen. Wir hätten nicht bei Miriam abhängen, duschen und diversen Kleinkram regeln können.
Gegen vier machen wir uns auf den Weg. Wir nehmen Marian (siehe Tourbericht vom Vortag) mit nach Stadthagen, wo er in eine Bahn nach Hildesheim steigen wird, wo er wohl, sofern ich seinen Telefonaten während der Fahrt richtig gelauscht habe, auf eine Party eingeladen ist und in Ermangelung sauberer Wäsche im Tourgepäck früh genug anzukommen hofft, um sich noch eine Hose und einen Pullover zu kaufen, was meiner Ansicht nach nicht geklappt haben dürfte.
In Stadthagen werden wir bereits von netten bunten Menschen erwartet, die uns angenehm begrüßen und sich auch gleich um unser leibliches Wohl kümmern. Die Location innerhalb des Zentrums des freien Jugendkulturvereins "Tu-Wat e.V." ist ein Café mit höchstens fünfzig Plätzen. Gute Größe, um es auch füllen zu können. Nach der Stärkung bauen wir auf und machen Soundcheck. Die ersten Gäste die erscheinen sind Philipps Mutter samt einiger Freundinnen. Zum Glück können wir davon ausgehen, dass das nicht so bleibt. Nach einer Weile trudeln weitere Gäste ein und der Raum füllt sich ordentlich. Auch eine Reporterin der Schaumburger Lokalpresse findet sich ein und interviewt uns ein wenig. Was besonders erfreulich ist: Es sind auch viele Menschen mittleren Alters gekommen. Das ist gut, weil der Verein, wie immer wenn alternative Jugendkultur auf Spießbürgertum trifft, das Problem hat, von Nachbarn denunziert und den lokalen Medien diffamiert zu werden. Heute machen sich wieder einige Bürger ein eigenes Bild von selbstverwalteter Jugendarbeit und wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass sie mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und sich bei Bedarf auch öffentlich für den Verein aussprechen. Fürsprecher kann so etwas immer gebrauchen!
Wir beginnen unser Konzert ziemlich chaotisch, was sich auch nicht ändert, solange die Reporterin des Blättchens da ist, also während der ersten drei Lieder. Die letzte Nacht sitzt uns einfach zu sehr in den Knochen, schwache Konzentrationsfähigkeit in Verbindung mit mangelnder Routine sind eine ungute Mischung. Dass es später zumindest überwiegend besser ist, wird die Dame nie erfahren und ich wüsste nur zu gern, was sie über unser Konzert in ihrer Zeitung schreiben wird. So arbeitet die Presse...
Während wir unser erstes Lied spielen, geschieht dafür im Zuschauerraum etwas wundervolles. Drei ehemalige Oldenburger Kommiliton_innen (Absicht! Obwohl keiner der drei Transgender ist, aber in Oldenburg besteht man auf die sprachliche Einräumung der potenziellen Existenz anwesender Transgender.) betreten den Raum. Später werden sie uns erzählen, dass es sich wie früher anfühlte, uns zuzuhören. Da machen sich neun Jahre Spieltrieb irgendwie bemerkbar.
Weiteres Highlight des Konzerts, das einfach kurz Erwähnung finden muss, um nicht dem Vergessen anheim zu fallen, sind die Seifenblasen, die die netten Tu-Watler_innen als Mega-Special-Effekt sparsam aber bewusst umherpusten. Handgemachte FX passen gut zu handgemachter Musik. Stimmig!
Danke lieber Tu-Wat für den netten Abend. Müde - aber glücklich - fahre ich nach Hause.